Noch fahren mehr als 97 Prozent der Autos, Busse und Lkw im Kreis Borken mit fossilen Brennstoffen wie Diesel, Benzin oder Gas. Doch das könnte sich in einigen Jahren ändern. D
Noch fahren mehr als 97 Prozent der Autos, Busse und Lkw im Kreis Borken mit fossilen Brennstoffen wie Diesel, Benzin oder Gas. Damit in einigen Jahren die ersten wasserstoffgetriebenen Fahrzeuge rollen können, macht sich der Kreis auf, eine Wasserstoffregion zu werden.
Etwa 8300 der aktuell 334.821 zugelassenen Fahrzeuge sind reine E-Autos oder haben als sogenannte Plug-In-Hybride zumindest einen Akku, der sowohl über den Verbrennungsmotor als auch über einen Stecker am Stromnetz geladen werden kann.
Damit irgendwann mal Autos, und schon in drei Jahren die ersten Busse, mit umweltfreundlichem Wasserstoff (H2 ) durch die Region fahren können und Wasserstoff auch für andere Anwendungen vor Ort in größerem Maße produziert werden kann, bedarf es einer Infrastruktur.
Die sollte, damit „grüner Wasserstoff“ produziert werden kann, aus Wind- und Fotovoltaikanlagen kommen. Zudem braucht man Tankstellen, Pipelines und Speichermöglichkeiten.
Wie man so eine Infrastruktur im Kreis Borken aufbauen kann, wo sich Standorte besonders anbieten und wie lang es bis zum Start erster H2-Fahrzeuge dauern kann, das erläuterte am Donnerstag im Ausschuss für Wirtschaft, Kreisentwicklung und Digitalisierung Johannes Meyer von der Agentur Energielenker.
Das Unternehmen hat im Auftrag des Kreises Borken eine Wasserstoff-Machbarkeitsstudie erstellt. Meyer bescheinigte der Region „sehr gute Voraussetzungen, um eine flächendeckende Wasserstoff-Infrastruktur aufzubauen“.
Das liegt zum einen daran, dass es in der Region viele Windräder und Fotovoltaikanlagen gibt, deren regenerative Energie genutzt werden kann. Gerade Windräder, die aus der EEG-Förderung rausfielen, könnten Strom beisteuern, so Meyer. Als besonders gut geeignete „Top-Standorte“ böten sich laut Meyer vier Orte und Regionen im Kreisgebiet an.
Gronau sei prima geeignet, so Meyer, weil man die dort vorhandenen großen Kavernen auch als Wasserstoffspeicher nutzen können. Die Kavernen bei Epe, riesige Hohlräume im Untergrund, gehören zu den größten der Welt und werden aktuell vor allem als Gas- und Ölspeicher genutzt.
Gronau sei zudem gut geeignet, weil hier die Buslinie R76/77 endet, die sich als eine der längsten und am häufigsten befahrenen Buslinien im Kreis besonders für Wasserstoff-Busse anbiete. Auch eine öffentliche H2-Tankstelle sei denkbar.
Weiterer Standortvorteil: Bei Gronau trifft ab etwa 2024 eine vom Emsland bis zum Industriepark Marl führende Pipeline auf den Kreis Borken. Dabei wird der in Lingen in einer sogenannten Elektrolyseanlage produzierte Wasserstoff durch eine bestehende, aber noch umzubauende Pipeline transportiert.
Laut Meyer müsse man die Gelegenheit nutzen, Anschlüsse an die Pipeline zu legen. Damit könne man zum einen im Kreis produzierten Wasserstoff einspeisen, aber auch welchen entnehmen.
Wegen der Nähe zur Pipeline eignet sich laut Meyer auch der Raum Ahaus/Heek/Gronau als Top-Standort. Er könnte Heimat einer Wasserstoff-Entwicklung GmbH werden. Zudem gebe es Anfragen von Unternehmen aus dem Raum, die sich einen Anschluss an die Pipeline wünschen.
Gescher sei vor allem wegen des dort ansässigen Entsorgers EGW ein „Top-Standort“, so Meyer. Die Kreistochter betreibt dort große Fotovoltaikanlagen und Windräder und könnte per Elektrolyse Wasserstoff produzieren. Damit könne man die vielen dort eintreffenden Abfallsammel-Lkw betreiben, eine öffentliche Tankstelle beliefern und den Rohstoff in andere Netze einspeisen.
Auch in Borken, wo bereits Pläne für eine Wasserstofftankstelle vorgestellt wurden, kann die Agentur Energielenker sich die Versorgung der Buslinie R 76/77, die Betankung lokaler Fuhrparks und perspektivisch sogar eine H2-Erzeugung vorstellen.
Inbetriebnahme der ersten Tankstelle und erste Wasserstoffbusse im Kreis Borken im Jahr 2024, lokale H2-Erzeugung bis 2025 und Start der Pipeline 2024 bis 2026: So skizzierte Meyer die Zeitfenster für die Umsetzung der Pläne. Stabsstellenleiter Michael Weitzell von der Kreisverwaltung kündigte an, dass man sich zusammen mit den Kreisen Steinfurt und Emsland um Fördermittel bewerben wolle.
Von den Kreispolitikern im Ausschuss bekam die Studie schon mal Zustimmung. „Gut, dass der Kreis schon so weit ist. Da steckt viel Dynamik in dem Thema“, sagte Katharina Detert von der CDU. Auch Otger Harks von der SPD nannte das Projekt eine „sehr wichtige Sache.“